Auftanz

Bayern, Österreich

Ausgangsaufstellung:

Paarweise hintereinander auf der Kreisbahn, Blick in Tanzrichtung. Das Dirndl ist auf der rechten Seite vom Burschen, Führungsfassung, die inneren Hände werden in Brusthöhe gehalten. Die Reihe der Tanzpaare wird vom Tanzleiterpaar angeführt. Da die Zahl der Takte, die für eine Figur benötigt werden von der Menge der teilnehmenden Paare und von der Größe der Tanzfläche abhängen, kann man nicht allgemeingültig festlegen wie lange die Musik pro Figur spielen muss und deshalb wird auch die Zahl der jeweils benötigten Takte in der Tanzbeschreibung nicht angegeben. In keinem Fall sollte aber die zeitliche Ausdehnung des Tanzes 15-20 Minuten überschreiten.
Die musikalische Einleitung wird ohne Tanzbewegung abgewartet.

Schritte und Bewegungen
1. Figur: Einzug.
Nach dem Einsetzten der Musik führt das Tanzleiterpaar – eventuell von einem Nebenzimmer aus – die Reihe der Tanzpaare gegen den Uhrzeigersinn einmal um die Tanzfläche herum. Zum Schluss geht das Vortänzerpaar von der Mitte der Seite des Tanzplatzes aus, die der Tanzlmusi gegenüber liegt, mitten über die Tanzfläche auf die Musik zu.
2. Figur: Die Paare trennen sich; Burschen und Dirndl bilden separate Schlangen.
Vor der Musik angekommen, trennen sich die Burschen mit einem Kopfnicken von ihren Tänzerinnen und gehen gegen den Uhrzeigersinn und die Dirndl gegengleich im Uhrzeigersinn dicht hintereinander am Rande der Tanzfläche entlang. Die Arme hängen zwanglos herab. Sollte wegen der Menge der Paare der äußere Rand der Tanzfläche noch nicht frei sein, so bewegen sich die Schlangen der Burschen und Dirndl so weit außen wie es geht. Das Tanzleiterpaar achtet darauf, dass er und sein Dirndl ihre jeweilige Schlange gleich schnell anführen, damit sie gleichzeitig in der Mitte der Seite ankommen, die der Musik gegenüber liegt.
3. Figur: Drei Begegnungen.
Wenn sich die beiden „Züge“ gegenüber der Musik zum ersten mal begegnen, gehen die Dirndl auf der Außenseite und die Burschen auf der Innenseite aneinander vorbei. Wenn abzusehen ist, dass das zunächst nicht möglich ist, weil der Weg noch von kreuzenden Paaren versperrt sein dürfte, die sich erst noch vom Rande der Tanzfläche auf die Musik zubewegen müssen, ist es sinnvoll, dass die beiden „Züge“ je ein oder zwei Meander in ihren Weg einbauen, um Zeit zu gewinnen bis das letzte Paar in Richtung Musik auf der Tanzfläche unterwegs ist. Auf keinen Fall sollten die „Züge“ stehen bleiben und warten, bis die letzten Paare den Weg frei gemacht haben, weil dadurch das Problem nicht wirklich gelöst wird. (Im schlimmsten Fall entsteht eine Patt-Situation, weil alle aus Platzmangel stehen bleiben, die letzten Paare nicht auf die Tanzfläche treten können und die beiden „Züge“ deshalb nicht aneinander vorbeigehen können)
Bei der nächsten Begegnung der einzelnen „Züge“, die vor der Musik stattfindet, gehen die Burschen auf die Außenseite und die Dirndl auf die Innenseite. Wenn sich die Züge zum dritten mal begegnen, fasst jeder sein Dirndl bei der Innenhand und geht in Führungsfassung mitten über die Tanzfläche auf die Musik zu. Das Tanzleiterpaar führt die Reihe an.
4. Figur: Tore.
Die Tanzenden gehen paarweise, in Führungsfassung, auf die Musik zu. Dort schwenkt das erste Paar nach links, das zweite nach rechts, das dritte wieder nach links usw. und so gehen zwei Reihen von Paaren am Rande der Tanzfläche entlang. Die Reihe, die vom Tanzleiterpaar angeführt wird, geht gegen den , die andere Reihe im Uhrzeigersinn . Der Abstand zwischen den einzelnen Paaren sollte klein sein. Beide Reihen treffen sich in der Mitte der Seite der Tanzfläche, die der Musik gegenüber liegt. Die Paare, die gegen die Tanzrichtung, also im Uhrzeigersinn unterwegs sind, heben die gefassten Hände und bilden mit den Armen eine Art „Laubengang“, durch den die entgegen Kommenden, das Tanzleiterpaar zuerst, in gebeugter Haltung – aber Bursch und Dirndl nebeneinander – schlüpfen. Am Gegenplatz, also vor der Musik, heben die Paare, die in Tanzrichtung, also gegen den Uhrzeigersinn um die Tanzfläche gehen, die Arme und bilden den „Laubengang“, durch den die andere Reihe schlüpft.
Alternative zum Laubengang: Statt dass alle einer Reihe durch den „Laubengang“ gehen, kann das erste Paar nur durch das Armtor des ersten entgegen kommenden Paares schlüpfen, sich dann aufrichten und ein Tor bilden, durch das dann das zweite Paar der Reihe hindurch muss. Danach beugt sich das erste Paar wieder und schlüpft durch das Tor, das das dritte Paar der gleichen Reihe bildet usw. Am Platz gegenüber der Musik wird das erste Tor vom ersten Paar der Reihe gebildet, die gegen die Tanzrichtung, also im Uhrzeigersinn um die Tanzfläche geht, das erste Tor am Platz vor der Musik wird von der Reihe bildet, die gegen den Uhrzeigersinn um die Tanzfläche geht, genau so wie beim „Laubengang“ beschrieben.
5. Figur: Bilden der Reihen.
Wenn die Paare am Ende von Figur 4 aufeinander zugehen und sich gegenüber der Musik zum dritten mal begegnen wenden sie sich mit einer viertel Drehung der Musik zu. Das Dirndl des Tanzleiters fasst mit der rechten Hand die linke des ersten Burschen der anderen Reihe. Die beiden ersten Paare der beiden Reihen bilden so eine durchgefasste Viererreihe, die mitten über die Tanzfläche auf die Musik zugeht. Die nachfolgenden Paare der beiden Reihen bilden ebenfalls Viererreihen und folgen der vorhergehenden Gruppe in Richtung Musik. Dort angekommen wendet sich die erste Viererreihe nach links und geht in Tanzrichtung am Rande der Tanzfläche entlang. Die zweite Reihe wendet sich nach rechts und geht gegen die Tanzrichtung am Rande der Tanzfläche entlang. Dann folgen die weiteren Gruppen und schwenken abwechselnd nach links, rechts, links usw. und schließen sich an die vorhergehenden Gruppen an. Wenn diese sich am Platz gegenüber begegnen wenden sie sich mit einer viertel Drehung der Musik zu, bilden Achterreihen und gehen mitten über die Tanzfläche auf die Musik zu. Falls es der Platz und die Menge der Tanzenden zulassen, schwenken diese wieder abwechselnd nach links bzw. rechts und bilden auf die gleiche Weise noch Reihen mit 16 oder 32 Personen. Am Ende dieser Figur bleiben die Reihen mit Blick zur Musik im Abstand von etwa einer Schrittlänge hintereinander stehen. Die Führungsfassung bleibt erhalten. Der Tanzleiter steht links außen in der ersten Reihe.
An dieser Stelle kann die Begrüßung der Honoratioren, der Kapelle, des Publikums etc. stattfinden oder, wenn diese schon vorher passiert ist, der Auftanz ohne Unterbrechung fortgesetzt werden.
6. Figur: Schlangengang.
Der Tanzleiter und alle, die in der ersten Reihe stehen, wenden sich mit einer viertel Drehung gegen den Uhrzeigersinn , sodass sie mit durchgefassten Händen hintereinander stehen. Die Burschen legen ihre rechten Hände nicht auf ihre Schultern und die Dirndl halten ihre rechten Hände nicht fest an ihrem Rücken, weil man sonst dem Vordermann wegen des geringen Abstandes beim Gehen leicht auf die Hacken tritt. Der erste Bursch zieht seine Reihe nun nach einer halben Drehung im Uhrzeigersinn gegen Tanzrichtung auf die rechte Seite der aufgestellten Reihen, kehrt dort mit einer halben Drehung im Uhrzeigersinn um und führt die erste Reihe in Tanzrichtung vor der zweiten vorbei und dann nach einer weiteren halben Drehung, diesmal gegen den Uhrzeigersinn , zwischen der zweiten und dritten Reihe hindurch. Wenn jetzt das letzte Dirndl der ersten Reihe am ersten Burschen der zweiten Reihe vorbeikommt, fasst er diese bei der Hand und verbindet so die erste mit der zweiten Reihe. Der Tanzleiter zieht die Kette nun meanderförmig zwischen der dritten und vierten Reihe und allen weiteren Reihen durch, wobei die ersten Burschen der jeweiligen Reihen sich an das letzte Dirndl der durchziehenden und immer länger werdenden Kette anschließen. Da bei dieser Figur auf der Tanzfläche vor der Musik viel freier Platz entsteht, rücken die am Schlangengang noch nicht beteiligten Reihen als Ganzes mit kleinen Schritten in Richtung Musik vor und schaffen auf diese Weise Platz für die nächste Figur: „Die Schnecke“.
In manchen Tanzlokalen reicht diese Methode jedoch nicht aus, besonders dann nicht, wenn viele am Auftanz teilnehmen, sodass es ratsam ist, die Kette meanderförmig zwischen den im Tanzlokal aufgestellten Tischen durchzuziehen oder sogar eine Schleife außerhalb im Flur einzubauen, um die Tanzfläche genügend zu leeren.
7. Figur: Schnecke, erst im ↷, dann gegen ↶ den Uhrzeigersinn.
Sobald sich durch die genannten Maßnahmen genügend Platz ergeben hat, führt der Tanzleiter die Kette im Uhrzeigersinn spiralförmig zur Mitte der Tanzfläche. Je nach Größe derselben und Zahl der Teilnehmer können das etwa 3-5 Windungen sein. Danach macht der Anführer im Zentrum eine Kehrtwendung gegen den Uhrzeigersinn und löst die Schnecke wieder auf, indem er zwischen den sich im Uhrzeigersinn bewegenden „Gängen“ der Schnecke entgegen geht. Bei dieser Figur müssen die einzelnen Schneckengänge genügend Abstand voneinander haben, damit der Vortänzer beim Gegenzug noch Platz hat. Der Bursch sollte die gefassten Hände nicht auf die Schultern legen. Das Auflösen der Schnecke beginnt in den meisten Fällen schon, wenn noch nicht alle Tanzenden in die Figur eingebunden sind.
Alternative Art, die Schnecke aufzulösen: Es ist manchmal zu sehen, dass der Vortänzer die Schnecke mit Absicht ganz eng wickelt und erst anfängt, diese aufzulösen, wenn alle am Auftanz Beteiligten in die Figur eingebunden sind. Das Auflösen geschieht dann dadurch, dass je zwei nacheinander folgende Auftanzteilnehmer an der selben Stelle der einzelnen Schneckengänge auf Anweisung des Vortänzers die Arme heben und ein Tor machen – dabei ist es unwichtig, ob die erste Person dieses Tores ein Bursch oder ein Dirndl ist – , sodass er radial von innen nach außen gelangen und die gesamte Kette durch diese Öffnungen nach sich ziehen kann. Kurz bevor sich ein Schneckengang ganz auflöst, weil alle Tänzer des jeweiligen Ganges durch das Tor gezogen sind, vollführt der Vordere des jeweiligen Tores unter seinem eigenen rechten Arm eine ganze Drehung im Uhrzeigersinn und geht so, dem Vordermann folgend, als letzter selbst durch das Tor, welches sich dadurch auflöst.
8. Figur: Bilden der Gasse.
Nachdem die ersten Paare die Schnecke verlassen haben, zieht der Vortänzer die Kette in Tanzrichtung am Außenrand der Tanzfläche entlang und bleibt an einer geeigneten Stelle stehen. Er löst die Handfassung zu seinem Dirndl, wendet sich eine viertel Drehung im Uhrzeigersinn und tritt einen kleinen Schritt rückwärts zur Kreismitte. Sie stellt sich ihm gegenüber auf, den Blick zur Kreismitte nachdem sie zuvor die Handfassung zum nachfolgenden Burschen gelöst hat. Das Vortänzerpaar reicht sich die ungleichnamigen Hände und hebt die Arme bis in Kopfhöhe, sodass ein Tor einsteht. Durch dieses Tor geht das zweite Paar, erst der Bursch, dann das Dirndl, leicht gebückt hindurch und bildet in der gleichen Weise ein zweites Tor. Durch kleine Seitstellschritte gegen Tanzrichtung verringern der zweite Bursch und das zweite Dirndl den Abstand zum ersten Paar, sodass sich die Schultern fast berühren. In der gleichen Weise bildet das dritte and alle nachfolgenden Paare Tore wodurch ein in der Länge wachsender „Laubengang“ entsteht, der sich langsam gegen Tanzrichtung bewegt, da alle auch weiterhin kleine Seitstellschritte gegen Tanzrichtung machen.
9. Figur: Tanz durch die Gasse.
Sobald sich das letzte Paar am Ende des Laubenganges aufgestellt hat, werden die Handfassungen und Tore aufgelöst und die Paare treten so weit auseinander, dass das Vortänzerpaar und nach ihm das zweite, dritte und alle anderen Paare in gewöhnlicher Fassung mit Seitstellschritten, also im Seitgalopp, durch die Gasse tanzen können. Am Ende stellen sich die Paare hinten an, sodass sich die Gasse nur um die Paare verkürzt, die gerade durch sie hindurch tanzen. Dazu klatschen alle, die nicht tanzen, im Takt der Musik in die eigenen Hände.
10. Figur: Walzer.
Wenn alle einmal durch die Gasse getanzt haben, gibt der Tanzleiter den Musikanten ein Zeichen die Musik abzubrechen. Dann folgt ein Walzer, den alle sofort mit ihren Partnern tanzen.
Alternative zum Seitgalopp: Statt des Seitgalopps kann auch Polka oder Walzer durch die Gasse getanzt werden. Bei dieser Form stellen sich die Paare nach Durchtanzen der Gasse nicht mehr hinten an sondern tanzen weiter, solange die Musik spielt. Die Gasse verkürzt sich auf diese Weise kontinuierlich, bis sie sich vollends aufgelöst hat.

Damit ist der Auftanz beendet. Er kann durch Hinzufügen oder Weglassen von Figuren nach Belieben verändert werden.

© Walter Bucksch, Volkstanzkreis Freising, Juli 2006

Walter Bucksch bemerkt dazu:

Der Auftanz ist die für den Volkstanz adaptierte Version der Polonaise. Diese entstand in 16. Jahrhundert als Schreittanz und wird bist heute in Europa zur Eröffnung von Tanzveranstaltungen benutzt. Durch den Auftanz zu Beginn eines Tanzfestes und den Schlusskreis am Ende desselben erhält jede Veranstaltung einen festen Rahmen mit definiertem Anfang und Ende. Er ist bei jedem offiziellen Volkstanzfest anzutreffen. Es gibt beim Auftanz keine feststehende Anzahl von Figuren; diese richtet sich nach der Zahl der Teilnehmer, je mehr Leute mitmachen desto länger dauert der Tanz. Auf jeden Fall ist der Tanz im geraden Takt. Als Melodien eignen sich Märsche und Volkslieder, deren Texte bisweilen von den Tanzenden mitgesungen werden. Wenn ein zu großer Andrang zum Auftanz zu erwarten ist, wäre im Vorfeld zu überlegen, ob nicht die Zahl der Teilnehmer durch spezielle Auftanzzeichen auf ein gewünschtes Maß begrenzt werden sollte.

Weitere Informationen, Musikhinweise, Noten und Videos findet ihr hier:

Dancilla / Wiki

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